Fachkräftemangel im Handwerk: Frauen holen als Meisterinnen auf
Der Fachkräftemangel im Handwerk spitzt sich weiter zu, trotz einer schwächelnden Konjunktur. Neue Zahlen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) zeigen: Die Branche kommt beim Personalaufbau kaum voran. Hoffnungsträgerinnen? Frauen – vor allem auf Meisterebene.
Laut KOFA-Studie waren 2024 im Durchschnitt fast 220.000 Stellen in handwerklichen Berufen unbesetzt – ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Die sogenannte Fachkräftelücke – also der rechnerische Mangel an passenden Arbeitslosen zur Besetzung dieser Jobs – bleibt dramatisch hoch: Über 107.000 Fachkräfte fehlten im Schnitt. Damit entfällt über ein Fünftel des gesamtdeutschen Fachkräftemangels allein auf das Handwerk. Kurz gesagt: Fast jede zweite offene Stelle im Handwerk konnte mangels qualifiziertem Personal nicht besetzt werden.
Rückgang bei Gesellinnen – Meisterinnen auf dem Vormarsch
Insgesamt arbeiten derzeit rund 2,6 Millionen Menschen im Handwerk – etwas weniger als noch vor einem Jahrzehnt. Hauptursache: Die Zahl der Gesellinnen schrumpft seit 2018 kontinuierlich. Gleichzeitig wächst die Zahl der Meisterinnen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung – und hier spielen Frauen eine immer größere Rolle.
Zwar stellen Frauen weiterhin nur etwa ein Viertel der Beschäftigten im Handwerk, doch bei den Meisterinnen ist ein deutlicher Aufwärtstrend zu erkennen: Im Vergleich zu 2013 ist ihre Zahl um mehr als 7.000 gestiegen – auf knapp 30.000. Der Anteil weiblicher Meister*innen wuchs damit von 13,3 auf 17,1 Prozent. Im Gegensatz dazu stagniert die Zahl männlicher Meister seit Jahren bei etwa 139.000.
Dachdeckerhandwerk bleibt Männerdomäne
Ein Ausreißer im allgemeinen Trend ist das Dachdeckerhandwerk. Hier sinkt die Zahl weiblicher Absolventinnen der Meisterprüfung trotz wachsender Azubi-Zahlen: 2022 bestanden noch 18 Frauen die Prüfung, 2024 waren es nur noch elf – bei jeweils über 490 männlichen Kollegen. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Aufstieg im Handwerk für Frauen in manchen Gewerken nach wie vor mit Hürden verbunden ist.
Frauen häufiger in Mangelberufen tätig
Bemerkenswert ist, dass Frauen bei ihrer Berufswahl häufiger gezielt Berufe mit Fachkräftemangel wählen: In Engpassberufen ist die Zahl weiblicher Beschäftigter seit 2013 um 17,3 Prozent gestiegen. In Bereichen ohne Personalnot sank sie hingegen deutlich. Männer zeigen hier kaum Veränderung. Das zeigt: Frauen sind schon heute ein zentraler Faktor für die Stabilität des Handwerks.
Zukunft braucht Rollenbilder – und Praxisangebote
Damit sich noch mehr Frauen für Handwerksberufe entscheiden, braucht es gezielte Maßnahmen: Vorbilder wie das Netzwerk „DachdeckerMädelz“, in dem sich Meisterinnen, Gesellinnen und Auszubildende engagieren, sind dabei ein wichtiger Baustein. Zudem helfen Programme wie der Girls’ Day oder praxisnahe Schülerpraktika, geschlechtsspezifische Vorurteile zu überwinden und Mädchen frühzeitig Einblicke in gewerblich-technische Berufe zu geben.
Fazit: Das Handwerk braucht dringend frisches Personal – und Frauen zeigen, dass sie bereit sind, diese Lücke zu füllen. Damit dieser Wandel gelingt, müssen Betriebe, Politik und Gesellschaft an einem Strang ziehen – mit mehr Sichtbarkeit, gezielter Förderung und weniger Klischees.
Quelle: dachdecker.org
